Unternehmerische Sorgfaltsprozesse

Das Unternehmen in der Verantwortung entlang der gesamten Lieferkette

Unternehmerische Sorgfaltsprozesse

Für den Grünen Knopf müssen Unternehmen nachweisbar Verantwortung für ihre Lieferketten übernehmen. Unabhängige Zertifizierungsstellen prüfen, ob das Unternehmen die Anforderungen an die unternehmerischen Sorgfaltsprozesse des Grünen Knopfs erfüllt. Das ist ein Novum: Das staatliche Siegel Grüner Knopf hat gezeigt, dass unternehmerische Sorgfaltsprozesse prüfbar sind.

Bilderserie

Due Diligence steht für die unternehmerische Sorgfaltspflicht. Und wofür steht die?
Unternehmerische Sorgfaltspflicht heißt, dass Unternehmen ihre Verantwortung für die eigenen Lieferketten anerkennen, sich mit den spezifischen Risiken in ihren Lieferketten auseinandersetzen und die eigene Geschäftstätigkeit auf Menschenrechte, Umweltbelange und Integritätsfragen wie Korruption analysieren.
Dies ist ein kontinuierlicher Prozess, in dem das Unternehmen immer tiefer in die Lieferketten schaut und Präventionsmaßnahmen ergreift, um die Risiken zu minimieren, den Zugang zu Beschwerdemechanismen für Arbeiter*innen fördert, transparent über seine Maßnahmen berichtet.

Verantwortung übernehmen

Ein Kleidungsstück durchläuft viele verschiedene Produktionsschritte, bis es tatsächlich bei uns im Kleiderschrank landet. Angefangen bei der Rohstoffgewinnung und Faserverarbeitung über das Spinnen und Weben, das Bleichen und Färben bis hin zum Zuschneiden und Nähen. All dies findet in ganz unterschiedlichen Fertigungsbetrieben auf der ganzen Welt statt - häufig in Ländern des globalen Südens. Geschätzte 75 Mio. Menschen sind an der Herstellung von Textilien beteiligt, der Großteil davon sind Frauen. Damit ihre Rechte und der Schutz der Umwelt bei der Produktion von Textilien beachtet werden, müssen Unternehmen Verantwortung übernehmen und genauer hinsehen.

Natürlich kennen Textilunternehmen ihre direkten Zulieferer. Doch diese direkten Zulieferer kaufen z.B. produzierte Stoffe bei anderen Zulieferern ein, diese arbeiten wiederum mit weiteren Zulieferern zusammen oder nehmen sogenannte Subauftragnehmer unter Vertrag. Dieses undurchsichtige Lieferkettennetz mit einer Vielzahl an involvierten Betrieben und den häufig fehlenden direkten Geschäftsbeziehungen sind ein Grund dafür, warum Textilunternehmen in der Regel nicht genau wissen, unter welchen sozialen und ökologischen Bedingungen ihre Produkte tatsächlich hergestellt werden. Beim Grünen Knopf müssen Unternehmen deshalb nachweisen, auf welche Weise sie Wissenslücken in Bezug auf ihre Lieferketten schließen.

Verantwortung für Mensch und Umwelt im Herstellungsprozess zu übernehmen, setzt demnach eine detaillierte Auseinandersetzung mit der eigenen Lieferkette voraus. Das Konzept der unternehmerischen Sorgfaltspflicht setzt dort an und bildet die Basis für die unternehmensbezogenen Anforderungen. 

Was bedeutet das im Detail?

Um ihrer unternehmerischen Sorgfaltspflicht nachzukommen, müssen Unternehmen die Verantwortung für ihre Lieferketten anerkennen, sich mit den spezifischen Risiken in ihren Lieferketten auseinandersetzen und die negativen Auswirkungen der eigenen Geschäftstätigkeit auf Menschenrechte, Umweltbelange und Integritätsfragen wie Korruption analysieren.

Sie müssen wirkungsvolle Maßnahmen ergreifen, um Risiken vorzubeugen, die von ihrem Geschäftsmodell ausgehen oder in den Ländern, in denen für sie produziert wird, häufig vorkommen. Außerdem müssen Unternehmen transparent über die Risiken und ihren Umgang damit berichten. Sie müssen aktiv fördern, dass sich Arbeiter*innen beschweren können und sie unterstützen, sollten ihre Rechte verletzt werden.

 

Grafik zum Kreislauf beim Grünen Knopf: Grundsatzerklärung, Risikoanalyse, Prävention, Berichterstattung, Beschwerdemechanismen

Anforderungen an unternehmerische Sorgfaltsprozesse

Grundlage der Anforderungen an die unternehmerischen Sorgfaltsprozesse beim Grünen Knopf sind die Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte sowie die Empfehlungen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) für den Textilsektor.

Die Anforderungen an die unternehmerischen Sorgfaltsprozesse des Grünen Knopfs basieren auf den aufgeführten fünf Kernelementen.

Icon Grundsatzerklärung mit Unterschrift

Grundsatzerklärung

Grundsatzerklärung

Das Unternehmen erklärt öffentlich, Verantwortung für das eigene unternehmerische Handeln entlang der Wertschöpfungskette zu übernehmen.

  • Beispiel: Code of Conduct auf der Website mit Verpflichtung zu nachhaltigen Einkaufspraktiken und zur Förderung existenzsichernder Löhne.
Icon Lupe und Ausrufezeichen

Risikoanalyse

Risikoanalyse

Das Unternehmen identifiziert, bewertet und priorisiert potenzielle und tatsächliche Auswirkungen des eigenen Handelns auf Menschenrechte und die Umwelt in den Wertschöpfungsketten.

  • Beispiel: Ein Unternehmen bezieht Baumwolle aus Indien und identifiziert ein erhöhtes Risiko von Kinderarbeit.
Schützende Hand über Umwelt und Menschen

Prävention und Milderung

Prävention und Milderung

Das Unternehmen ergreift effektive Maßnahmen, um das Eintreten der festgestellten Risiken zu verhindern und bestehende Verletzungen zu beenden oder zu minimieren.

  • Beispiel: Das Unternehmen unterstützt einen Zulieferer in Pakistan bei Schulungen zum sicheren Umgang mit Chemikalien.
Icon Megafon

Berichterstattung

Berichterstattung

Das Unternehmen kommuniziert öffentlich und transparent über den Prozess.

  • Beispiel: Auf der Website finden sich im Nachhaltigkeitsbericht Informationen zu den Hauptproduktionsländern und ihren Risiken sowie zu den Maßnahmen, die das Unternehmen ergreift, um Risiken vorzubeugen oder zu mindern.
Icon eines Beschwerdeschreibens

Beschwerdemechanismen

Beschwerdemechanismen

Damit betroffene Rechteinhaber*innen und Dritte entlang der Wertschöpfungskette auf Risiken hinweisen und Verletzungen ihrer Rechte geltend machen können, müssen Unternehmen den Zugang zu wirksamen Beschwerdemechanismen fördern.

  • Beispiel: Näher*innen können sich anonym beschweren.

Wichtigste Änderungen beim Grünen Knopf 2.0

Hier finden Sie die wichtigsten Unterschiede im Bereich der unternehmerischen Sorgfaltspflichten zwischen den Standardversionen 1.0 und 2.0. Diese sind anhand von vier Schwerpunktthemen aufbereitet.

Existenzsichernde Löhne

Beim Grünen Knopf 1.0 müssen die Löhne der Arbeiter*innen mindestens dem nationalen Mindestlohn oder Industriestandard (falls höher) entsprechen und zeitgerecht gezahlt werden. Um langfristig Rücklagen für Notsituationen bilden zu können und ihre Familie zu ernähren, bedarf es langfristig einer Zahlung existenzsichernder Löhne - was so leicht klingt, ist eine echte Herausforderung, weil sehr viele Faktoren eine angemessene Lohnhöhe beeinflussen.

Der Grüne Knopf 2.0 fordert von der Geschäftsführung ein Bekenntnis, auf die Zahlung von existenzsichernden Löhnen hinzuarbeiten. Unternehmen müssen eine Analyse des Lohngefälles zwischen gezahlten Löhnen und tatsächlich existenzsichernden Löhnen in den Zulieferbetrieben der Lieferkettenstufe Zuschneiden und Nähen vorlegen. Es muss eine stichhaltige Strategie zur Förderung höherer Löhne in den Zulieferbetrieben existieren, die konkrete Schritte aufzeigt. Im Überwachungsaudit zwei Jahre nach der Zertifizierung müssen Fortschritte bei der Umsetzung der Strategie dargelegt werden.

Risikoanalyse

Eine zentrale Anforderung an Unternehmen ist die Risikoanalyse. Dabei müssen Unternehmen bewerten, welche negativen Auswirkungen die eigene Geschäftstätigkeit auf Mensch und Natur in den textilen Lieferketten hat. Denn das Wissen über Risiken und Auswirkungen, ist der erste Schritt und Voraussetzung für die Erfüllung der eigenen Sorgfaltspflichten. Beim Grünen Knopf 1.0 muss die Risikoanalyse für zwei Lieferkettenstufen (Nähen und Zuschneiden sowie Bleichen und Färben) erstellt werden. Für den Grünen Knopf 2.0 muss sich die Analyse – analog zum Gesetz – auf die gesamte Textil-Lieferkette erstrecken, also bis hin zur Rohstoffgewinnung.

Nachhaltigkeitsziele für die Geschäftsführung

Beim Grünen Knopf 2.0 müssen Unternehmen das eigene Anreiz- und Belohnungssystem überprüfen. Die kontinuierliche Umsetzung der Sorgfaltspflichten muss in die Leistungsbewertung von mindestens einem Mitglied der Geschäftsleitung einfließen. Dies gilt nicht für inhabergeführte Unternehmen.

Stärkere Beteiligung der Menschen vor Ort

Die Einbeziehung betroffener Menschen vor Ort ist wichtig und in den Anforderungen des Grünen Knopfs verankert. Damit die Maßnahmen passend sind, müssen mit dem Grünen Knopf 2.0 Unternehmen Betroffene vor Ort noch stärker in die Entwicklung, Überprüfung und Bewertung der Wirksamkeit einbeziehen – zum Beispiel bei der Einrichtung von anonymen Beschwerdemechanismen, die Betroffene vor Vergeltung schützen. Oder bei den Schritten, die Unternehmen einleiten, um Abhilfe zu schaffen und Wiedergutmachung zu leisten.